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Freischießen Magazin 2017

150 Jahre Bürger-Jäger: Tradition in sieben Staffeln

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PEINER FREISCHIESSEN 1., 2., 3. UND 4. JULI 1922 KAPELLE DES BÜRGER-JÄGER-CORPS Musikabteilung vor der Stadtkapelle Peine (Max Fritsche), Korpsführer: Kapellmeister Emil Fritsche.

3. Staffel: 1921–1946: Der 1. Weltkrieg ist vorbei und wir befinden uns in den „Goldenen Zwanzigern“, die Aufbruchstimmung versprachen, 1929 durch die Weltwirtschaftskrise in der Weimarer Republik jäh abgelöst wurden und ab 1933 in das traurigste Kapitel unserer deutschen Geschichte mündeten.

Bis Ende 1921 kehrten viele Mitglieder der Peiner Freischießenkorporationen aus dem Krieg zurück, wurden mit Freude begrüßt und unmittelbar integriert. Die Bürger-Jäger hatten in diesen Jahren einen stolzen Mitgliederbestand. Gustav Dollau übernahm ab sofort das Amt des Trommelboes, welches er bis 1960 innehatte. Überschattet wurde Freischießen 1921 vom Überfall der Kanalmonarchen. Die Arbeiter vom Bau des Mittellandkanals waren eine rauflustige Bande. Im Bürger-Jäger-Heim wurde der Angriff dank Kriminalkommissar Witteck abgewehrt. Selbst Warnschüsse der Polizei auf dem Festplatz hielten sie nicht auf. Vielleicht durch reichlich Alkohol müde geworden, verließen sie Peine am späten Nachmittag und Freischießen nahm seinen gewohnten Verlauf.

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1922 bestand das BJC 50 Jahre, doch nach feiern war niemandem zumute. Trotz der Aufbruchstimmung war die finanzielle Notlage der breiten Bevölkerung spürbar. Die Inflation trieb seine besonderen „Blüten“; anlässlich des 700. Geburtstages der Stadt Peine, wurde eine 40.000 Mark Kippermünze herausgebracht. Bei der Festabrechnung im Jahre 1924 zählte man vor dem Komma 15 Zahlen! Im August war der Spuk vorbei, sodass im folgenden Jahr, Bierverleger Otto Hoppe sen. sein Bürgerkönigsjahr unbeschwert feierte. Durch Inflation, Weltwirtschaftskrise und anderer Nutzung des Bürger-Jäger Heims hatte die Immobilie gelitten. Hauptmann Buchholz mobilisierte „Handwerker“ und renovierte Saal und Lokal. Auch die Außenfassade wurde umgestaltet. Durch die Bildung einer „Passiven Abteilung“ im Corps der Bürgersöhne fand Mitte der 20er-Jahre ein Umwerben der Junggesellen statt, um sie von einer Mitgliedschaft in einer Bürgerkorporationen zu überzeugen.

Nach Carl Weitling übernahm 1926 nun sein Sohn, Dachdeckermeister Hermann Weitling, das Amt des Hauptmanns. Untrennbar ist diese Familie mit dem Bürger-Jäger-Corps bis heute verbunden. 1929 gelang Hermann Schrader vom BJC der beste Schuss auf die Bürgerkönigsscheibe. Schrader war Gastwirt der Bauernschänke am Eiermarkt, in Höhe des heutigen Echternplatzes. Eine äußerst zentrale Stätte zum Pausieren und um „Flüssigkeiten“ aufzunehmen. Das führte dazu, dass Schaffer Rösemann (BJC) seine Kameraden ermahnte, bitte im „aufrechten Gange“ zum Marktplatz zu marschieren. 1929 beginnt die Weltwirtschaftskrise und wieder müssen Korporationen während des Freischießens pausieren. Nur zwei Könige werden proklamiert. Mit über fünf Millionen Arbeitslosen, Hunger und Not war feiern kaum möglich. Im Januar 1933 bildete sich eine neue Regierung, die positive Änderungen versprach, ihre wirklichen Ziele jedoch verschwieg. Auf dem neuen Schießstand am Silberkamp wurden vier Könige ausgeschossen. In den kommenden Jahren zeigten die neuen Machthaber ihr wahres Gesicht: Korporationen wurden aufgelöst und verboten, darüber hinaus wollten sie bei Organisation und Durchführung des Peiner Freischießen aktiv mitbestimmen. Fritz Bente und Heinrich Rösemann ließen das nicht mit sich machen und stellten ihr Amt zur Verfügung.

Die Gründung einer Schießabteilung erfolgte nach Freischießen 1933. Als erster Kleiner König wurde Otto Mohrmann, dessen Enkel seit 1993 Mitglied im Corps ist, proklamiert. Nach weiteren fünf Jahren Freischießen mit Verboten und Einschränkungen ist nach 1939 für zehn Jahre Schluss. Der 2. Weltkrieg bestimmte das Tagesgeschehen und auch mit Ende des Krieges war das Peiner Freischießen durch alliierte Kontrollgremien verboten. Erst 1947/48 stabilisierte sich die Situation und sehr leise Freischießentöne waren zu hören.