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Sprechstunde

Linsensuppe statt Lasagne

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WENN DAS ESSEN BEI DEMENZ SCHWERFÄLLT

Sich erinnern, orientieren, denken und danach handeln– mehr als einer Million Menschen in Deutschland fällt dies schwer. Sie leiden an Demenz. Das beeinträchtigt auch das Ess- und Trinkverhalten. Alltägliches wie Essensplanung, Einkaufen, Zubereiten und Kochen von Mahlzeiten und schließlich das Essen und Trinken selbst können die Betroffenen immer weniger gut wahrnehmen.TAG UND NACHT IN BEWEGUNGViele Demente sind Tag und Nacht in Bewegung und verbrauchen mit 3000 bis 4000 Kilokalorien pro Tag reichlich Energie. Hunger, Durst und Sättigung werden nicht immer richtig wahrgenommen, sodass ständig oder kaum noch gegessen wird. Typisch ist die Abneigung für saure, salzige und bittere Speisen. Süße Lebensmittel, wie Kuchen, Kekse und Schokolade, werden dagegen gerne gegessen. Einkauf, Zubereitung der Speisen und das Essen und Trinken selbst werden vergessen, mitunter auch abgelehnt, weil die Erkrankten sich im Glauben sehen, gerade schon gegessen zu haben. Angst vor verdorbenen oder gar vergifteten Lebensmitteln führt dazu, dass Speisen ganz abgelehnt werden. Die Situation am Esstisch wird nicht mehr verstanden, der Umgang mit Geschirr und Besteck ist nicht präsent, Tischmanieren gehen verloren. Werden die Betroffenen deshalb von Tischnachbarn beschimpft, ziehen sich manche zurück und verweigern ganz das Essen und Trinken.Die neurologischen Veränderungen führen dazu, dass Demente sich häufig verschlucken. Wird nicht mehr ausreichend gegessen und getrunken, ist das Risiko für eine Mangelernährung und Austrocknung besonders hoch.

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© Quade/Fotolia

KÄSEBROT MIT MARMELADE

Grundsätzlich gelten für Demenzkranke die gleichen Empfehlungen wie für gesunde ältere Menschen: Die Kost sollte ausreichend Energie und reichlich Nährstofe, Vitamine, Mineralstofe und Flüssigkeit liefern, wobei sie an die Verträglichkeit, Kompetenzen und Fähigkeiten des Seniors angepasst sein muss. Mehr Energie als andere brauchen jedoch Demenzkranke, die sich viel bewegen. Nun gehören Vollmilch, Schnittkäse mit mehr als 45 % Fett i.Tr., Doppelrahmfrischkäse, Sahnequark, Fleisch-, Streich- und Brühwürste sowie Fettfische auf den Tisch. Suppen, Soßen, Gemüsegerichte und andere Speisen können mit Ölen, Butter, Sahne oder Schmand angereichert werden. Reichlich Energie liefern Milchshakesund Trinkjoghurte mit etwas Sahne oder Öl.

Da Süßes bevorzugt wird, sollten auch pikante Speisen gesüßt werden. So kann ein Käsebrot mit Sirup oder Marmelade bestrichen werden, zu Salat- oder Tomatensoßen passen Honig oder Zucker. Lässt sich damit der erhöhte Energiebedarf nicht decken, können zwischendurch kleine Trinkpäckchen mit Energie- und Nährsto konzentraten helfen. Überredungsversuche zum Essen und Trinken sind bei Demenzkranken wenig hilfreich. Eher wecken Redewendungen wie „Das schmeckt köstlich. Probier mal.“ oder genüssliches Schmatzen das Interesse am Essen.

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BUNTE GLÄSER REGEN ZUM TRINKEN AN

Besonderes Augenmerk muss auf das Trinken gelegt werden. Notwendig sind mindestens 1,5 Liter Flüssigkeit über den Tag verteilt. Mineral- und Leitungswasser sind zwar für die Flüssigkeitsversorgung am besten, schmecken den meisten Demenzkranken jedoch nicht. Süße Säfte und Nektare, wie Pfirsichnektar oder Traubensaft, werden dagegen gerne getrunken und sind durchaus erlaubt. Auch leicht gesüßte Kräuter- und Früchtetees oder Saftschorlen sind günstig.

Getrunken werden sollte zu allen Mahlzeiten und zwischendurch. Als Erinnerungsstütze dienen gefüllte Gläser oder Becher an Plätzen, an denen der Senior sich überwiegend aufhält oder häufig vorbeigeht. Da farblose Gläser oder weiße Becher oder Tassen schlecht erkannt werden, sollten Geschirr in kräftigen Farben und farbige Getränke (Säfte, Schorlen mit Saft oder Sirup) gewählt werden. Rituale wie die Teestunde, der Nachmittagskaffee, das Zuprosten oder Trinksprüche animieren zum Trinken. Auch das Geräusch des Flaschenöffnens oder des Einschenkens laden zum Trinken ein.

DAS ESSEN MUSS SCHMECKEN

Wichtiger als gesunde Kost sind für Demenzkranke jedoch vertraute und gewünschte Speisen. Viele Senioren lehnen Unbekanntes und Neues ab und bevorzugen Lebensmittel, die sie schon von Kindesbeinen an kennen. So essen Ältere Kartoffeln lieber als Reis oder Nudeln. Auch einfache Gerichte, Eintöpfe und Suppen werden eher geschätzt als ein aufwendiges Menü.

Manche Speisen oder Lebensmittel werden zudem abgelehnt, weil sie unliebsame Erinnerungen an Krieg, Hungerzeiten oder persönliche Erlebnisse wecken. Mit vertrauten Gerichten und Ritualen dagegen fühlen sich gerade Demenzkranke heimisch, sie liefern Sicherheit und Orientierung. Soweit möglich sollten sie bei der Speisenplangestaltung, beim Einkauf und bei der Vor- und Zubereitung eingebunden werden. Denn das gemeinsame Planen der Mahlzeit, das Aussuchen der Lebensmittel, das Waschen, Putzen, Schneiden und Kochen, der Geruch von Essensdüften und das Klappern von Geschirr und Besteck wecken die Lust auf das Essen.

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Wunschkost sollte bei Dementen an erster Stelle stehen   ©Stylephotographs/123RF

FINGERFOOD UND EAT BY WALKING

Feste Essenszeiten, gleichbleibende Sitzplätze, eine entspannte Atmosphäre und eine Tischgemeinschaft, die die veränderten Tischmanieren des Dementen akzeptiert, animieren zum Essen. Kann nicht mehr mit Besteck umgegangen werden, ist Fingerfood die Lösung. Das Essen wird in kleinen Häppchen angeboten, die mit den Fingern gegriffen und mit ein oder zwei Bissen gegessen werden können. Dazu eignen sich kleine Kartoffeln, Kroketten, Buletten, Fingermöhren, Blumenkohlröschen, stichfeste Aufläufe, Obststücke oder belegte Brote. Viele hält es dennoch nicht lange am Esstisch. Für Demente mit hohem Bewegungsdrang bietet sich eat by walking an: An Imbissstationen erhält der Senior auch außerhalb der Essenszeiten Fingerfood und Getränke, die er im Vorübergehen greifen kann.