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HWG Kurier Peine - Winter 2016

Die größten Irrtümer im Mietrecht – Teil 4

Die größten Irrtümer im Mietrecht – Teil 4

Streitfälle rund um Mieterhöhung und Kündigung

Soll die Miete erhöht werden oder möchte eine Partei das Mietverhältnis beenden, ist Streit zwischen Vermieter und Mieter meist vorprogrammiert. Im Einzelfall kann es für den Vermieter sehr teuer werden, wenn er im Vertrauen auf zum Teil falsche Informationen im Internet oder im Freundeskreis Maßnahmen ergreift oder Rechtspositionen vertritt, die letztendlich vor Gericht nicht haltbar sind.In dieser Ausgabe meines vierteiligen Fachartikels geht es um die Themen Mieterhöhung, Abmahnung und Kündigung.Mietanhebung alle drei Jahre um 20 Prozent möglich?Alles wird teurer, auch die Kosten rund um Ihre Immobilie. Was läge da näher, als die Miete regelmäßig um einen gewissen Prozentsatz an die allgemeine Kostenentwicklung anzupassen? Wer aber meint, seine Miete alle drei Jahre pauschal um 20 Prozent anheben zu dürfen, wird sich spätestens vor Gericht eine Abfuhr einhandeln. Der immer wieder zitierte Prozentsatz findet sich tatsächlich in § 558 Abs. 3 BGB. Es handelt sich um die sogenannte „Kappungsgrenze“. Dies bedeutet aber gerade nicht, dass unabhängig und losgekoppelt vom örtlichen Mietmarkt die Miete alle drei Jahre um diesen Prozentsatz angehoben werden darf. Vielmehr regelt das Gesetz in den §§ 558 ff. BGB ganz genau, unter welchen Bedingungen und bei Einhaltung welcher Formalitäten und Fristen der Vermieter eine Anpassung seiner Miete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete verlangen kann. Wesentlicher Aspekt ist hierbei, dass die für eine im Landkreis Peine gelegene Wohnung bislang gezahlte Miete unter der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt, die üblicherweise aus dem Mietspiegel für den Landkreis Peine, ermittelt wird. Erst und nur dann, wenn die jetzige Miete die ortsübliche Miete deutlich unterschreitet, kommt die Kappungsgrenze zum Zuge. Der Vermieter kann in einem solchen Fall seine Kaltmiete nämlich nicht direkt bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete anheben, sondern darf maximal 20 Prozent mehr nehmen, als der Mieter drei Jahre zuvor für die Wohnung bezahlt hat. Mietanpassungsformulare, die auf dem Peiner Mietspiegel beruhen, halten wir in unserer HWG-Geschäftsstelle bereit.Nach Reparatur 11 Prozent mehr Miete?Ebenso hartnäckig hält sich das Gerücht, man könne seine Miete pauschal um 11 Prozent anheben, wenn man am Mietobjekt Reparaturen oder Verbesserungen vornimmt. Tatsächlich ist es so: Sämtliche Erhaltungsmaßnahmen am Mietobjekt, das heißt die Instandhaltung und die Instandsetzung des Mietobjektes, hat der Vermieter selbst zu zahlen. Der Mieter ist lediglich zur Duldung der Maßnahmen verpflichtet. Die Maßnahmen sind ihm rechtzeitig anzukündigen.Eine Mieterhöhung kommt hingegen nur dann in Betracht, wenn es sich um Modernisierungsmaßnahmen gemäß § 555 b BGB handelt. Dies umfasst zum einen die Maßnahmen der energetischen Modernisierung sowie auch Maßnahmen, durch die sich der Gebrauchswert der Mietsache nachhaltig erhöht, durch die die allgemeinen Wohnverhältnisse auf Dauer verbessert oder die aufgrund von Umständen durchgeführt werden, die der Vermieter nicht zu vertreten hat und die keine Erhaltungsmaßnahmen sind. Die Abgrenzung zwischen Erhaltungsmaßnahmen (Instandsetzung und Instandhaltung) und Modernisierungsmaßnahmen ist im Einzelfall häufig schwierig. Hierbei sind wir Ihnen aber gern behilflich. Handelt es sich um Modernisierungsmaßnahmen, ist der Vermieter nach Durchführung der Maßnahme berechtigt, den Mietzins anzuheben. Das Gesetz sieht vor, dass sich die Jahreskaltmiete um 11 Prozent des auf die Wohnung entfallenden Modernisierungskostenanteils erhöht. Aktuell beabsichtigt die Bundesregierung die Absenkung des Modernisierungssatzes von 11% auf 8%. Damit eine solche Mieterhöhung gelingt, muss der Vermieter bereits drei Monate vor Beginn der Modernisierungsmaßnahme ein den gesetzlichen Vorgaben entsprechendes Ankündigungsschreiben an seinen Mieter senden, aus dem sich alle wesentlichen Fakten zur bevorstehenden Maßnahme und auch die voraussichtliche Mieterhöhung ergeben. Nach Abschluss der Maßnahme folgt dann das eigentliche Mieterhöhungsschreiben. Diese Dinge sind reichlich kompliziert.Einfacher und zweckmäßiger ist es meist, sich im Vorfeld über die Erhöhungsmöglichkeiten zu informieren und dann mit dem Mieter ein persönliches Gespräch zu führen, in welchem man sich auf die Eckpunkte der Maßnahme und die anschließend zu zahlende, höhere Miete einigt. Auch hierzu beraten wir Sie gern.Dreimal abmahnen = Kündigung?Viele Vermieter meinen, dass sie nach dreimaliger schriftlicher Abmahnung eines Vertragsverstoßes dem Mieter kündigen und seinen Auszug verlangen können. Dies stimmt nicht. Für eine fristgemäße Kündigung des Vermieters wegen schuldhafter Vertragsverletzung ist die vorherige Abmahnung gesetzlich nicht vorgeschrieben, jedoch wegen der sehr mieterfreundlichen Rechtsprechung der Amtsgerichte sinnvoll und empfehlenswert. Häufig lassen sich nämlich erst damit die Erheblichkeit des Vertragsverstoßes und das Verschulden des Mieters ausreichend begründen. Für die fristlose Kündigung wegen schuldhafter Vertragsverletzungen (Ausnahme: Verzugskündigung) oder eine Unterlassungsklage sieht das Gesetz grundsätzlich eine Abmahnung als zwingend vor. Ob ein Mieter allerdings vor Ausspruch der Kündigung einmal, zweimal, dreimal oder sogar öfter abgemahnt werden sollte, ist gesetzlich nicht geregelt und auch von der Rechtsprechung nicht verbindlich entschieden worden. Es kommt auf den jeweiligen Einzelfall, die Schwere, die Häufigkeit und die Art der Vertragsverletzung an. Außerdem ist entscheidend, wie der Mieter auf die davor liegende Abmahnung reagiert hat und ob Besserung eingetreten ist. Häufig ist es sinnvoll, gerade kleinere Vertragsverstöße wiederholt abzumahnen. Dies gilt umso mehr, wenn die einzelnen Verstöße weit auseinanderliegen oder sich das Verhalten des Mieters nach der ersten Abmahnung zunächst gebessert hat.Kündigung ohne Kündigungsgrund?„Hiermit kündige ich das Mietverhältnis über Ihre Wohnung fristgemäß zum 31.10.2015. Mit freundlichen Grüßen, Ihr Vermieter“. Reicht ein solches Kündigungsschreiben aus, um sich von einem Mieter zu trennen? Im Regelfall jedenfalls nicht. Während ein Mieter das Mietverhältnis über seine Wohnung, wenn keine anderen Absprachen im Mietvertrag getroffen wurden, ohne Angabe von Gründen unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist von drei Monaten jederzeit kündigen kann, benötigt der Vermieter in der Regel einen Grund, um das Mietverhältnis beenden zu können. Auch eine fristgerechte Kündigung erfordert das Vorliegen eines Kündigungsgrundes, der im Kündigungsschreiben auch näher ausgeführt sein muss. Neben schuldhaften Pflichtverletzungen kommt hier vor allem Eigenbedarf in Betracht (§ 573 BGB). Die Kündigungsfrist des Vermieters bei der ordentlichen Kündigung von Wohnraum richtet sich nach der Wohndauer des jeweiligen Mieters. Sie beträgt während der ersten fünf Jahre nach Einzug des Mieters drei Monate, danach sechs Monate und verlängert sich nach achtjähriger Wohndauer auf neun Monate. Eine Kündigung ohne Kündigungsgrund ist allerdings möglich bei Wohnraum, der nur zum vorübergehenden Gebrauch vermietet ist, bei Vermietung von Wohnraum innerhalb der vom Vermieter selbst bewohnten Wohnung und bei Wohnraum in einem Studenten- oder Jugendwohnheim. Eine erleichterte Kündigungsmöglichkeit gibt es außerdem, wenn die zu kündigende Wohnung in einem vom Vermieter selbst bewohnten Gebäude liegt, in dem neben der Wohnung des Vermieters nur die zu kündigende Wohnung und keine weitere Wohnung vorhanden ist (§ 573a BGB). In dem letztgenannten Fall kann der Vermieter das Mietverhältnis schon dann kündigen, wenn sich die Parteien, ohne dass einer der gesetzlichen Kündigungsgründe vorhanden wäre, einfach nur nicht verstehen. Als Ausgleich für diese erleichterte Kündigungsmöglichkeit hat er allerdings eine um drei Monate längere Kündigungsfrist einzuhalten. Wenn Sie eine Kündigung Ihres Mieters erwägen, vereinbaren Sie gern einen Beratungstermin in der Geschäftsstelle.Tod des Mieters = Ende des Mietverhältnisses?Weit verbreitet ist auch der Irrglaube, dass ein Mietverhältnis über Wohnraum mit dem Tode des Mieters endet. Tatsächlich gilt Folgendes: Hat der Verstorbene die Wohnung gemeinsam mit seinem Ehegatten oder seinem eingetragenen Lebenspartner (nicht: Lebensgefährte) bewohnt, tritt dieser in das Mietverhältnis ein. Das gleiche Recht haben auch Kinder des verstorbenen Mieters und andere Familienangehörige, die zum Zeitpunkt des Todes mit dem Mieter einen gemeinsamen Haushalt geführt haben. Nicht verwandte Personen, wie zum Beispiel Lebensgefährten, treten nur dann in das Mietverhältnis ein, wenn sie mit dem Verstorbenen einen auf Dauer angelegten gemeinsamen Haushalt geführt haben (§ 563 BGB). Bloße Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaften werden hier nicht begünstigt. Die zum Eintritt in das Mietverhältnis berechtigten „Mitbewohner“ können innerhalb einer Überlegungsfrist von einem Monat, nachdem sie von dem Tod des Mieters Kenntnis erlangt haben, dem Vermieter erklären, dass sie das Mietverhältnis nicht fortsetzen wollen. Der Vermieter kann das Mietverhältnis gegenüber den oben genannten Personen seinerseits innerhalb eines Monats, nachdem er von dem endgültigen Eintritt in das Mietverhältnis Kenntnis erlangt hat, außerordentlich mit der gesetzlichen Dreimonatsfrist kündigen, wenn in der Person des Eingetretenen ein wichtiger Grund vorliegt, der im Kündigungsschreiben auch ausgeführt werden muss. Lebte der verstorbene Mieter allein im Mietobjekt oder erklären alle zum Eintritt berechtigten „Mitbewohner“ des Verstorbenen, dass sie das Mietverhältnis nicht fortsetzen wollen, wird dieses gemäß § 564 BGB mit dem oder den Erben des Mieters fortgesetzt. In diesem Falle sind sowohl der Erbe als auch der Vermieter berechtigt, das Mietverhältnis innerhalb eines Monats außerordentlich mit der gesetzlichen Dreimonatsfrist zu kündigen. Ein Kündigungsgrund ist hier auch auf Vermieterseite nicht erforderlich. Lässt der Vermieter allerdings die einmonatige Überlegungsfrist verstreichen und kündigt erst später, kann er das Mietverhältnis auch gegenüber dem Erben nur bei Vorliegen des berechtigten Interesses, das heißt eines Kündigungsgrundes, kündigen.Verkauf als Kündigungsgrund?Entgegen weitverbreiteter Meinung endet das Mietverhältnis nicht mit dem Verkauf der Immobilie. Ein geplanter Verkauf des Grundstücks stellt keinen Kündigungsgrund gegenüber einem Wohnraummieter dar. Vielmehr gilt nach § 566 BGB der Grundsatz „Kauf bricht nicht Miete“. Danach tritt der Erwerber eines Wohnhauses anstelle des bisherigen Vermieters in die zwischen ihm und dem Mieter bestehenden Rechte und Pflichten ein. Das Mietverhältnis besteht daher weiterhin.Wenn aber der Erwerber das Objekt selbst beziehen oder es einem nahen Angehörigen als Wohnraum überlassen möchte, kann er seinerseits nach Abschluss des Erwerbsvorganges und Eintragung im Grundbuch wegen Eigenbedarfs kündigen. Ein eigenes Kündigungsrecht des Verkäufers und bisherigen Vermieters kann nur ausnahmsweise gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB dann bestehen, wenn der Vermieter durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstückes gehindert wäre und dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde. In der Praxis ist dieser Kündigungsgrund wegen der damit verbundenen Darlegungs- und Beweislast oft nur schwer durchsetzbar.

HWG Kurier Peine

von Rechtsanwalt Uwe Freundel, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht, Justiziar des HWG Peine