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Ansteigende Demenzerkrankungen – Problem auch für Vermieter

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Foto: Jozef Polc/123RF

Die Symptome treten schleichend auf: Der Briefkasten bleibt offen oder wird nicht mehr geleert, der Rollladen wird am Tag nicht mehr geöffnet, Fenster bleiben tagsüber und nachts stundenlang offen, der Müll wird nicht mehr regelmäßig entsorgt, Gas- und Elektroherde werden nicht rechtzeitig abgestellt. Aber auch überheizte Wohnungen, Vernachlässigung der Körperhygiene, unschöne Gerüche im Treppenhaus, unnötige Beleuchtung aller Wohnräume können auf demenziell bedingte Verhaltensauffälligkeiten hindeuten. Ableser und Handwerker erhalten keinen Wohnungszutritt, aber auch Probleme bei Miet- oder Betriebskostennachzahlungen treten auf. Die Erscheinungsformen von Demenzerkrankungen im Mietshaus sind vielfältig.Die Zahl der Demenzerkrankten steigt mit zunehmenden Alter. 13 Prozent aller 80- bis 84-Jährigen sind hiervon betroffen. Bei den 85- bis 89-Jährigen steigt diese Zahl auf circa 24 Prozent und bei den über 90-Jährigen auf circa 35 Prozent an. In jedem Fall sollten zunächst das Gespräch mit dem Mieter gesucht und mit diesem die Verhaltensauffälligkeiten besprochen werden. Zugleich kann sich der Vermieter einen Eindruck vom Zustand seines langjährigen Mieters verschaffen. Erweist sich ein solches Gespräch nicht als erfolgreich, sollte dringend Kontakt mit den Angehörigen aufgenommen werden.In jedem Fall sollte der Vermieter sich möglichst schon bei Mietvertragsabschluss über diese Kontaktdaten informieren, um rechtzeitig die Angehörigen um Mithilfe bei der Beseitigung der aufgetretenen Störungen zu bitten. Ist auch dieser Weg erfolglos geblieben, sollte vorsorglich, je nach Störungsverhalten, an eine Zahlungs-, Unterlassungs- oder auch Räumungsklage gedacht werden, ein für alle Seiten gleichwohl unbefriedigender Weg. Häufig wird der Mieter mangels Einsichtigkeit dem gerichtlichen Urteil auch keine Folge leisten. Hat der Richter überdies Hinweise auf eine Demenzerkrankung des Mieters, kann er das Verfahren unterbrechen und einen Prozesspfleger bestellen.Auch der manchmal gehörte Ratschlag, dass Vermieter beim zuständigen Vormundschaftsgericht die Einrichtung einer Betreuung anregen sollten, könnte das noch bestehende Vertrauensverhältnis zum Mieter restlos zerstören. Vielmehr dürfte es sich empfehlen, nach Abmahnung oder Kündigung nicht sofort auf gerichtlicher Durchsetzung zu bestehen. Vielmehr sollte der Vermieter den Sozialen Dienst der Kommune eingehend über die aufgetretenen Störungen unterrichten, damit ein Tätigwerden von Amts wegen eingeleitet werden kann. Solche Möglichkeiten sind – je nach Besonderheiten des Falles – vielfältig. Der Soziale Dienst könnte die Hilfe von Organisationen mit ambulanten Dienstleistungen vermitteln. Hierzu zählen die medizinische Versorgung, Körperpflege, Mahlzeiten bis zur Wäschereinigung.

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Sollte all dieses in der Wohnung nicht mehr sinnvoll sein, suchen die kommunalen Dienste einen Pflegeplatz, setzen sich mit Verwandten in Verbindung und leiten die Bestellung eines Betreuers beim zuständigen Amtsgericht ein. Parallel regelt der Vermieter gemeinsam mit dem Sozialen Dienst und ggf. vorhandenen Angehörigen alles Notwendige, was mit einem Wohnungswechsel in ein Pflegeheim notwendigerweise verbunden ist.

In jedem Fall sollte frühestmöglich auf den Abschluss einer Privathaftpflichtversicherung des Mieters gedrungen werden, die dafür aufkommt, wenn etwas passiert. Eine private Haftpflichtversicherung ist für Demenzpatienten und deren Angehörige unerlässlich. Dabei ist nicht unumstritten, ob Demenz eine Gefahrenerhöhung darstellt, die nachträglich gemeldet werden muss. Beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft will man davon nichts wissen. „Demenz ist keine Gefahrenerhöhung“, sagt Sprecherin Katrin Rüterde Escobar. „Es gibt keine Pflicht, sie zu melden. Die Patienten bleiben versichert.“ Ein weiteres Risiko, das Angehörige von Demenzkranken im Blick behalten sollten: Sie können selbst zum Ziel von Schadensersatzansprüchen werden – und zwar, wenn der Geschädigte beweist, dass sie ihre Aufsichtspflicht verletzt haben. Eine solche Pflicht trifft aber selbst Eheleute nur in besonderen Fällen: zum Beispiel, wenn sie als amtliche Betreuer die volle Personensorge für den kranken Partner übernommen haben. Unter anderem deshalb sollten Angehörige unbedingt eine eigene Haftpflichtpolice besitzen. Sie zahlt auch bei grob fahrlässiger Verletzung der Aufsichtspflicht.

Ein Tipp am Schluss:
Wenn der betagte Mieter keine Vertrauensperson hat, sollte man ihn um den Einbehalt eines Schlüssels zur Ausübung des Notbegehungsrechtes bitten. Auch sollte man den Rauchwarnmelder selbst testen und die Räum- und Streupflicht auch nicht auf Senioren übertragen.